Fotografie: Effizient ausmisten mit Adobe Photoshop Lightroom

Mit einer aufgeräumten Oberfläche empfängt Adobe Photoshop Lightroom den Anwender.Desöfteren werde ich gefragt, womit ich die Vielzahl an Fotos verwalte, die ich schiesse. Gerade dann, wenn ich für grössere Fotoreportagen engagiert werde, zum Beispiel für eine Hochzeit, komme ich mit prall gefüllten Speicherchips nach Hause. Diese enthalten schnell einmal einige hundert Fotos, bei einer Ganztagesreportage sind es gerne auch mal deutlich über 1000 Aufnahmen. Ein ganz schöner Berg an Daten, den es erst zu bezwingen gilt.

Früher kamen alle Bilder in einen Ordner, ich selektierte die besten z.B. mit ACDSee und kopierte Sie in einen zweiten Ordner «Bestof», zweifelsfreien Ausschuss löschte ich. Doch irgendwann erkannte ich, dass trotzdem viele ähnliche Motive/Fotos übrig blieben und unnötig die Festplatten belegten. Ausserdem musste ich ständig zwischen verschiedenen Programmen wechseln – RAW-Dateien mussten anders als JPG-Dateien aufbereitet werden – und eine Fehlkorrektur konnte eine Aufnahme dauerhaft zerstören. So suchte ich nach einer Lösung, mit welcher ich schnell und effizient den Workflow bei der Verabreitung meiner frisch geknippsten Bildern bewältigen kann und wurde mit Adobes Photoshop Lightroom fündig.

So gehe ich vor:

  1. Ich importiere die Fotos von den Speicherkarten in die Lightroom-Datenbank. Während diesem Prozess werden die Bilder mit meinen Standard-Metadaten (Fotograf, Copyright, etc.) ausgestattet und auf die Festplatte kopiert. Praktisch an Lightroom ist, dass sowohl JPG als auch RAW-Daten ohne Umwege eingelesen werden können.
  2. Danach beende ich Lightroom und brenne die Rohdaten auf DVDs. Sicher ist sicher, denn auch wenn Lightroom die Bilder grundsätzlich nicht antastet und stets im Originalzustand belässt, möchte ich es nicht riskieren, dass irgendwas schief läuft und die unwiederbringlichen Fotos einer Hochzeit verloren wären.
  3. Sind die Backup-DVDs erstellt, starte ich Lightroom erneut und wähle den Bibliotheksmodus. (Lightroom ist unterteilt in fünf logische Schritte: 1. Bibliothek (Ausmisten/Sortieren/Verwalten)  2. Entwickeln (Bildoptimierung, Schärfen, Entrauschen, Geraderichten, Beschneiden etc.)  3. Diashow  4. Drucken  und 5. Web.)
  4. Dort führe ich die erste Sichtung durch: Dabei markiere ich den eindeutigen Ausschuss per Tastendruck (X), ebenso markiere ich die augenscheinlichsten Perlen (P).
  5. Mit dem Filter blende ich alle als Ausschuss markierten Fotos aus.Danach gehe ich zurück zum ersten Bild und setze den Filter, damit alle Ausschuss-Bilder ausgeblendet werden. (Definitiv von der Festplatte löschen werde ich diese Aufnahmen erst ganz am Schluss.)
  6. Im Entwickeln-Modul beeinflusst man die Erscheinung des Bildes mit wenigen Handgriffen.Im zweiten Durchgang erfolgt die Feinselektion und Bildkorrektur im Entwickeln-Modus. Ich korrigiere Helligkeit, Kontrast, Schatten und Lichter, bestimme die zu verwendenden Ausschnitte und richte die Bilder wenn nötig gerade.
    Existieren von ein und derselben Szene mehrere Aufnahmen, dann bestimme ich das beste Bild und markiere die übrig bleibenden ebenfalls als Ausschuss. (Das Fotografenherz schmerzt anfänglich schon, wenn man derart rigoros ausmistet. Doch im Nachhinein bleiben genügend Aufnahmen übrig, welche dafür stets den Betrachter erfreuen, anstatt ihn wegen ständig wiederholender Motive zu ermüden.)
  7. Nach diesem Durchgang habe ich nun eine angemessene Anzahl Fotos. Nun gilt es, diese auftragsgerecht aufzubereiten. Durch die perfekte Integration können die Bilder direkt aus Lightroom heraus in Adobe Photoshop CS3 bearbeitet werden. Hierzu erstellt Lightroom Kopien der Aufnahmen. Brauche ich lediglich eine Variante eines Fotos, z.B. mit einem anderen Beschnitt oder in Schwarzweiss, so reichen allerdings die Bordmittel von Lightroom. Rechts das Foto anklicken, «Virtuelle Kopie anlegen» wählen und schon hat man einen Klon, den man weiterverarbeiten kann. Dabei wird das Original im Urzustand gelassen. Die durchgeführten Anpassungen werden nicht in der Bilddatei, sondern in seperaten Metadateien gespeichert. Durch die virtuellen Kopien kann man also sehr viel Speicherplatz sparen.
  8. Nun endlich bin ich dort, wo ich hingelangen wollte. Die Fotos sind selektiert, ausgemistet und optimiert. Nun gilt es, die Fotos je nach Verwendungszweck zu exportieren. Die Philosophie von Lightroom ist bei der ersten Berührung ungewohnt, doch danach lernt man dessen Vorteile zu schätzen. Da man nicht mit den Originaldateien arbeitet, sondern alle Schritte in Metadateien gespeichert werden, können diese Aufnahmen nicht «einfach so» auf Dateiebene weiterverwendet werden.  Stattdessen definiert man die gewünschte Zielgrösse, Kompressionsstärke, Aufbau der Dateinamen etc. und startet dann den Export in JPG-Dateien. Ich habe mir angewöhnt, alle Fotos in einer hochauflösenden Version zu exportieren. Zusätzlich erstelle ich eine Diashow mit den besten Fotos (siehe Punkt 4 zum Stichwort Perlen), welche Lightroom auf Wunsch direkt auf den Webserver lädt. Ok, die mitgelieferten Möglichkeiten begeistern mich nicht gar so, wie das restliche Programm. Daher habe ich mir mit SlideShowPro ein leistungsstarkes Plug-in zugelegt. Auf meiner Referenzseite findest Du einige Beispiele, welche so erzeugt wurden.
  9. Am Schluss brenne ich alles auf DVD und überreiche die festgehaltenen Erinnerungen dem glücklichen Paar.

Ich nutze dieses praktische, aber sicher auch gewöhnungsbedürftige Programm nun schon seit vielen Monaten und bin heute soweit, dass ich mir kein (Arbeits-)Leben mehr «ohne» vorstellen kann… zu sehr hat es meinen Workflow beeinflusst und meine Effizienz verbessert.

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2 Kommentare

  • Salut Huwi, habe mir auch Lightroom zugelegt und habe dazu noch zwei Fragen, welche du mir sicher beantworten kannst ;-).
    1. Legst du pro Kunde einen neuen Katalog an, oder arbeitest du immer im gleichen Katalog z.B. pro Jahr?
    2. Unter Punkt 7 in deinem Workflowbeschrieb schreibst du: „Rechts das Foto anklicken, «Virtuelle Kopie anlegen» wählen und schon hat man einen Klon, den man weiterverarbeiten kann. Dabei wird das Original im Urzustand gelassen. “ -> ist es nicht grundsätzlich in Ligthroom so, dass wir theoretisch ständig mit virtuellen Kopien arbeiten?

    en gruess mario

  • Hoi Mario

    Na gerne doch…

    1.) Ich lege für jedes grosse Projekt (typischerweise Hochzeit, Schule, Firma) jeweils einen eigenen Katalog an. Für alle privaten Dinge habe ich einen einzelnen, grossen Katalog mit Unterordnern. Ich finde es damit etwas handlicher im Umgang, schneller ists dazu. Tipp: Am besten gleich beim Import die 1:1 Vorschauen rendern lassen… das dauert zwar einige Zeit, dafür kann man danach richtig schnell arbeiten.

    Übrigens: Inzwischen mache ich noch einen Schritt vorher. Mit dem Programm Photo Mechanic – ich meine, das ist der wohl flinkste RAW-/JPG-Betrachter auf dem Markt – sichte ich die Bilder und miste grob aus. (Ganz ähnlich wie in Lightroom: Ich markiere die Ausschussware mittels Farbmarkierung, am Schluss alle markierten Bilder selektieren und in den Ausschuss-Ordner schieben.) Erst dann kommt Lightroom zum Zug. Damit spare ich nochmals etwas Zeit, macht aber auch erst bei tausenden von Fotos wirklich Sinn.

    2) Stimmt im Prinzip. Die Originaldateien bleiben unangetastet… immer. Ich meine damit eher, dass ich zum Beispiel bereits an den Entwicklungseinstellungen wie Helligkeit, Kontrast etc. geschraubt habe und dann eine zweite Variante vom Bild möchte. Dann nutze ich die „Virtuelle Kopie“.

    Ich wünsche Dir viel Spass mit diesem tollen Teil…
    Gruss Huwi