Für diesen Valentinstag leider zu spät: Liebesbriefe vom Ghostwriter

Fast wie selbst geschrieben: Liebesbriefe vom Ghostwriter.Viele Jahre ist es her, da erstellte ich für einen Kunden eine Website, der einen ganz besonderen Service anbieten wollte: Er und weitere Autoren und Journalisten schreiben für verliebte, aber wort-gehemmte Menschen persönliche Liebesbriefe. Dies zwar nicht gratis, aber in Anbetracht des dahinter stehenden Aufwandes und dem Ergebnis für wenig Geld (ca. 35 Euro). Das klingt für manche vielleicht etwas unromantisch, dennoch hat mich diese Idee fasziniert und es ist eine gehörige Portion Idealismus und Freude am Menschen und an der Schriftstellerei nötig, um sich stets aufs Neue mit den Sorgen, Wünschen, Ideen und Hoffnungen der Liebesbrief-Besteller auseinander zu setzen. Es sind denn auch keine Standardbriefe, sondern jeder einzelne Brief wird individuell geschrieben. Die Angebetete oder der Angebetete soll natürlich nicht bemerken, dass ein professioneller Nachfahre Cyrano de Bergeracs am Werk war. So versuchen die Liebesbrief-Schreiber die Art und die Worte des Absenders anzunehmen und so einen unverkennbaren romantischen Text zu gestalten.

Warum schreibe ich das alles, fragt sich bestimmt schon manch einer. Es sind inzwischen über 10 Jahre verstrichen, seit ich die erste Version von Liebesbriefe.ch gestaltet habe. Inzwischen hat sich mein Leben verändert, gehe beruflich ganz neue Wege und so habe ich auch dieses Projekt schon längst aus den Augen verloren. Bis heute! Für ein Referat kramte ich in alten Unterlagen und stiess auf besagte Website. Voller Neugier ob diese Site wohl noch bestünde, tippte ich die URL in den Browser uns war überrascht: Die Site existiert noch, die Gestaltung ist nahezu unverändert. Als ich dann aber aufs Gästebuch klickte, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Schon früh – viele Jahre bevor es den Begriff „Blog“ gab – erkannte ich den Sinn der Interaktion mit den Besuchern. Gästebücher waren auf vielen Websites zu finden, doch die meisten waren weder betreut, noch gaben sie dem Besucher das Gefühl, dass das dort geschriebene auch wen interessiert. Daher empfahl aus Überzeugung, dass ein Gästebuch nur dann Sinn mache, wenn dieses aktiv von den Betreibern gelesen werde, die eingehenden Beiträge kommentiert würden und so eine Art offenes Forum entsteht.

Ok, und jetzt komme ich endlich zum Punkt… :-) Das Gästebuch von Liebesbriefe.ch hat sich in den Jahren zu einer Art Seelsorge, Beziehungsberater und Lebenshilfe entwickelt. Die Macher dahinter haben es sich schon vor 10 Jahren zu Herzen genommen, lange Zeit bevor Begriffe wie «Web 2.0», «Blog» oder «Mitmach-Web» erdacht wurden, dass jeder einzelne Beitrag gelesen und auch beantwortet wird. Vor 4 Jahren wurde zwar das Gästebuchsystem ersetzt, daher reicht das Archiv nicht bis ganz zu den Anfängen zurück. Dennoch findet man darin aberhunderte Hilferufe und Anfragen von Verliebten, Verzweifelten und Glücklichen… und jeder einzelne Beitrag wurde auf eine einzigartig ehrliche, direkte Art beantwortet.

Hut ab! Das nenn ich wirklich ein ausdauerndes Engagement.